Kompletter Leitfaden zur Entwässerung von Flachdächern
- schaubep
- 20. Nov. 2024
- 3 Min. Lesezeit
Die professionelle Planung und Installation von Entwässerungssystemen für Flachdächer sind essenziell, um Gebäudeschäden durch Niederschlagswasser zu verhindern. Ob private oder gewerbliche Gebäude – jedes Flachdach erfordert individuelle Maßnahmen, die sowohl bauliche Gegebenheiten als auch rechtliche Anforderungen berücksichtigen. Dieser Leitfaden bietet einen detaillierten Einblick in die Planung, Umsetzung und Wartung solcher Systeme und gibt praktische Empfehlungen für verschiedene Dachtypen.
1. Die Grundlagen der Dachentwässerung
Die Dachentwässerung ist ein zentrales Element der Bauphysik. Flachdächer zeichnen sich durch eine geringe oder gar keine Dachneigung aus, was sie besonders anfällig für die Ansammlung von Regenwasser macht. Die unzureichende Entwässerung kann gravierende Folgen haben, darunter:
Stauwasserbildung: Kann zu statischen Überlastungen und Schäden an der Dachabdichtung führen.
Feuchtigkeitsschäden: Eindringendes Wasser kann Schimmelbildung und langfristige Schäden an der Bausubstanz verursachen.
Erosion und Umweltbelastungen: Unkontrolliert abfließendes Wasser belastet das Grundwasser oder benachbarte Flächen.
Um diese Risiken zu minimieren, sind professionelle Entwässerungssysteme gemäß den geltenden Normen wie der DIN EN 12056 und der DIN 1986-3 unerlässlich.
2. Planungsanforderungen und Strategien zur Regenwasserbewirtschaftung
Planungsfaktoren
Bei der Planung einer Flachdachentwässerung spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
Regenlasten: Abhängig von den Klimazonen muss die Entwässerung auf die regionalen Starkregenereignisse ausgelegt werden.
Dachnutzung: Gründächer, begehbare Terrassen oder industrielle Dachflächen benötigen angepasste Lösungen.
Baumaterialien und Dachstruktur: Leichtbauten sind empfindlicher gegenüber Staunässe als massive Betondächer.
Notentwässerung: Zwingend vorgeschrieben, um Überlastungen der Hauptsysteme aufzufangen.
Nachhaltige Regenwasserbewirtschaftung
Moderne Ansätze legen Wert auf die Minimierung des Wasserabflusses in die Kanalisation. Dazu gehören:
Regenwasserrückhaltung: Speicherung in Retentionszisternen oder Dachbegrünungen.
Versickerungssysteme: Punktuelle oder flächenhafte Versickerung vor Ort.
Regenwassernutzung: Zum Beispiel für die Toilettenspülung, Gartenbewässerung oder industrielle Prozesse.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Abwasserabgabe: In Deutschland gibt es Gebühren für die Einleitung von Regenwasser in die Kanalisation. Maßnahmen wie Retentionsdächer oder Versickerungen können diese Kosten reduzieren.
Wasserhaushaltsgesetz (WHG): Dieses regelt den Schutz der Gewässer und gibt Vorgaben für die Einleitung und Versickerung von Niederschlagswasser.
3. Arten von Entwässerungssystemen
Freispiegelsysteme
Diese Systeme funktionieren drucklos und basieren auf der natürlichen Schwerkraft.
Vorteil: Einfache Installation und Wartung.
Nachteil: Eingeschränkte Kapazität, besonders bei Starkregenereignissen.
Druckströmungssysteme (planmäßig vollgefüllte Systeme)
Hier wird das Wasser durch Unterdruck abgeleitet, wodurch größere Mengen effizient transportiert werden können.
Vorteil: Ideal für große Dachflächen mit hohen Regenlasten.
Nachteil: Höhere Anforderungen an die technische Ausführung und Wartung.
Dachrinnen und Kehlen
Diese können sowohl innenliegend als auch außenliegend angebracht werden:
Innenliegende Rinnen: Erfordern eine sorgfältige Abdichtung und Wärmedämmung, da sie innerhalb der Gebäudehülle verlaufen.
Vorgehängte Dachrinnen: Sind einfacher zu warten, können jedoch bei Starkregen überlaufen.
4. Notentwässerung:
Eine zuverlässige Notentwässerung ist essenziell, um Schäden durch Wasseransammlungen zu verhindern. Die DIN 1986-100 schreibt vor, dass jede Dachfläche, die nicht durch Gefälle vollständig entwässert wird, über eine Notentwässerung verfügen muss.
Mögliche Ausführungen
Notüberläufe: Leiten überschüssiges Wasser gezielt ab.
Notabläufe: Werden direkt ins reguläre System integriert oder unabhängig davon ausgeführt.
Die Notentwässerung sollte auf Flächen leiten, die ohne Schaden überflutet werden können.
5. Entwässerung für spezifische Dachkonstruktionen
Flachdächer
Flachdächer haben oft eine Neigung von nur 0–3 %. Um Wasseransammlungen zu verhindern, sind sorgfältig geplante Abläufe notwendig. Hierzu gehören:
Mehrere Entwässerungspunkte für größere Dachflächen.
Abdichtungen gemäß den Normen der Flachdachrichtlinie.
Begrünte Dächer
Gründächer wirken als natürliche Wasserspeicher, stellen aber höhere Anforderungen an die Entwässerung:
Dachabläufe müssen durch Filter geschützt werden, um Verstopfungen durch Substrate zu vermeiden.
Begrünte Dächer benötigen häufig zusätzliche Notentwässerungen.
Balkone und Loggien
Balkone mit geschlossenen Brüstungen müssen über gesonderte Abläufe oder Notüberläufe verfügen, um Staunässe zu verhindern.
6. Technische Anforderungen und Installationstipps
Kondensatschutz: Innenliegende Leitungen sollten mit einer Dampfsperre und Wärmedämmung versehen sein.
Begleitheizungen: In frostgefährdeten Bereichen helfen elektrische Heizsysteme, die Entwässerung funktionsfähig zu halten.
Abdichtung: Die Übergänge von Abläufen zur Dachhaut müssen mit geprüften Materialien ausgeführt werden.
7. Wartung und Inspektion
Ein regelmäßiger Wartungsplan verlängert die Lebensdauer der Entwässerungsanlagen:
Halbjährliche Reinigung: Besonders wichtig nach Herbst und Winter, um Laub und Eisreste zu entfernen.
Prüfung der Dachabdichtungen: Sichtprüfung auf Risse oder Verstopfungen.
Funktionsprüfung der Notentwässerung: Um sicherzustellen, dass diese bei Starkregen einsatzbereit ist.
8. Besondere baurechtliche und brandschutztechnische Anforderungen
Brandschutz
Brandabschnitte: Entwässerungssysteme dürfen die Brandschutzabschnitte nicht durchbrechen, ohne geeignete Maßnahmen wie Brandschutzklappen oder -dichtungen.
Materialwahl: Feuerwiderstandsfähige Materialien sind besonders bei Hochhäusern vorgeschrieben.
Baurechtliche Vorgaben
Entwässerungssysteme müssen in das Gesamtkonzept des Bauwerks integriert werden und dürfen die Tragfähigkeit des Daches nicht beeinträchtigen.
Eine statische Überprüfung der Wasserlasten ist erforderlich, vor allem bei Systemen ohne Gefälle.
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